"Jürgen, Windel wechseln ist angesagt!"

Vater werden ist nicht schwer – Vater sein dagegen sehr?

Vater werden heißt heute nicht mehr nur das Geld nach Hause zu bringen. Glücklicherweise sind wir heute an dem Punkt angelangt, wo die Kindererziehung nicht alleinige Aufgabe der Mutter ist und wo die Partner den Haushalt gemeinsam schmeißen. Der der Trend geht zwar eindeutig in diese Richtung, aber mit noch reichlich Luft nach oben. Aber wie genau hat sich die Vaterrolle im Laufe der Zeit verändert? Woran scheitert eine vollständige Gleichberechtigung? Welchen Erwartungen stehen junge Väter gegenüber und wie gelingt es, Beruf und Familie zu vereinbaren?

Die Vaterrolle im Wandel der Zeit

Wer die Rolle des modernen Vaters verstehen möchte, muss sich auch mit den vergangenen Rollenbildern befassen. Es wird schnell klar, dass der Alltag der Eltern-Kind-Beziehungen früher ganz anders gestaltet wurde als in heutiger Zeit. Der Begriff „Vater“, der dem lateinischen Wort „pater“ entsprang, hat seine Wurzeln in der römischen Kultur. Der Vater übernahm im patriarchalen Gesellschaftsbild die Rolle des familiären Richters, der sogar über das Leben und der Tod der eigenen Kinder entscheiden konnte.

Noch im 18. Jahrhundert lag die familiäre Autorität ausschließlich beim Vater. Er war der Herr des Hauses, dem sich Frau und Kinder zu unterwerfen hatten. Bis in die 1960er Jahre hinein waren die Rollen in der Familie klar verteilt. Die Frauen übernahmen die Erziehung der Kinder und die Väter waren Ernährer und Beschützer der Familie. Als in den 60er Jahren die Diskussionen um die Vaterrolle begannen, lehnten sich immer mehr Menschen gegen die Vorurteile und Stereotype auf.

Vater werden: Vater mit Tochter in den Armen

Emanzipation aus alten Rollenbildern und die gesellschaftlichen Anforderungen erfüllen: der moderne Vater muss sich neu erfinden

Der moderne Vater – mehr als nur der Ernährer

Eines ist klar – das Verständnis der Vaterrolle hat sich im Laufe der Zeit deutlich gewandelt. Dies beginnt bereits vor der Geburt des Nachwuchses. Vater zu werden bedeutet in heutiger Zeit für viele Männer Geburtsvorbereitungskurse zu besuchen, sich mit dem Schwangerschaftsprozess auseinanderzusetzen und ihre Partnerin beim Besorgen der Babysachen zu unterstützen. Doch auch nach der Geburt des Kindes ist Engagement gefragt und gewollt.

Vater werden: Andere Zeiten, andere Vaterrollen

Laut dem Väterreport des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2018 wünschen sich rund 70 Prozent aller jungen Väter mehr Zeit mit ihren Kindern. Mehr als die Hälfte der Befragten möchte die Betreuung der Kinder sogar zu gleichen Teilen wie die Partnerin übernehmen. Zugleich wünschen sich fast 80 Prozent der Männer, dass auch ihre Partnerin für den Lebensunterhalt der Familie sorgt.

Diese Entwicklung ist unter anderem den soziokulturellen und sozioökonomischen Veränderungen der letzten Jahre zu verdanken. Die Arbeitszeiten sind flexibler geworden, die Arbeitgeber offener den Veränderungen gegenüber. Die Selbstbilder beider Geschlechter verändern sich. Die Frauen emanzipieren sich immer weiter und bringen immer mehr Einkommen in die Familie. Die Gesellschaft steht engagierten Vätern wohlwollend gegenüber und auch der Staat fördert die väterliche Kinderbetreuung mit Angeboten wie Elterngeld.

Noch immer größtenteils traditionelle Familienmodelle

Immer mehr Menschen wünschen sich Gleichberechtigung bei der Erziehung und immer mehr Väter ergreifen die Möglichkeit, sich von Anfang an um die Betreuung und Erziehung der Kinder zu kümmern. Doch trotzdem dominiert auch in heutiger Zeit noch immer das traditionelle Familienmodell. Trotz der guten Vorsätze und des sich verändernden Selbstbildes praktizieren heutzutage lediglich 14 Prozent der Familien das partnerschaftliche Modell.

Die vom ZDF beauftragte „Deutschland-Studie“ aus dem Jahr 2019 kam zum Ergebnis, dass lediglich jeder dritte Vater in Deutschland Elternzeit nimmt, um sich um seinen Nachwuchs zu kümmern. Zudem ist die Elternzeit meist kürzer als bei Müttern. Väter, die in Teilzeit arbeiten, sind noch immer eher die Ausnahme und das sogenannte „Familienernährerin-Modell“ ist sogar noch seltener.

Herausforderungen der gleichberechtigten Elternschaft

Die Frauen haben auch noch in heutiger Zeit in vielen Familien den Löwenanteil an der Kinderbetreuung zu tragen. Dies liegt natürlich daran, dass Veränderungen eben Zeit brauchen, aber auch daran, dass jede Veränderung auch stets Herausforderungen mit sich bringt. Wenn beide Elternteile berufstätig sind und sich möglichst zu gleichen Teilen um den Nachwuchs kümmern wollen, dann erfordert dies ein großes Maß an Planung und viele Abstimmungsprozesse im Alltag.

Zudem halten noch immer viele Männer an ihrer Ernährer-Rolle fest. Dies liegt an einem bestimmten Bild und Anforderungen, die viele Männer von sich haben. Das Bild, das die Vaterrolle mit der Rolle des Ernährers verknüpft. Studien haben gezeigt, dass viele Männer nach der Geburt ihres Kindes am glücklichsten sind, wenn sie in Vollzeit arbeiten und den Hauptteil des Einkommens nach Hause bringen können. Das passt mit den Wünschen nicht überein.

Vater werden: Vater mit seinen Kindern auf einem Feld

Der Spagat zwischen Arbeit und Familie gelingt unter Einbeziehung des Partners und offene Kommunikation

Vater werden im 21. Jahrhundert: So gelingt der Spagat

Doch wie lässt sich der Wunsch nach mehr Zeit mit den Kindern mit dem Berufsleben vereinbaren? Die Qualität der Paarbeziehung spielt eine wichtige Rolle. Mehr Gleichberechtigung bei der Kinderbetreuung gelingt am besten mit Vertrauen, Verlässlichkeit, gegenseitigem Respekt und Kompromissbereitschaft. Wer sich als Paar gut organisiert, die Aufgaben klar verteilt und einander Verständnis entgegen bringt, kann eine gute Balance zwischen Beruf und Familienleben schaffen – zusammen.

Eine offene und transparente Kommunikation ist auch wichtig, wenn von Anfang an die Wünsche, Interessen und Aufgaben angesprochen werden. Das gehört zum Vater werden auch dazu. Das anzusprechen ist ein gutes Fundament, damit Konflikte von Anfang an wenig Spielraum haben.

Rahmenbedingungen als Grundlage für mehr Vatersein

Trotz der vielen guten Ansätze in der Gesellschaft und der Arbeitswelt, gibt es noch immer diverse Faktoren, die es vielen Vätern schwer machen, einen größeren Anteil an der Kinderbetreuung und zugleich ein erfülltes Arbeitsleben zu haben. Noch immer ermöglichen zu wenige Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, noch immer gibt es zu wenige betriebsinterne Kinderbetreuungsangebote und noch immer gibt es zu viele befristete Arbeitsverträge, bei denen den Arbeitnehmern finanzielle Sicherheit fehlt. Das betrifft werdende Mütter ebenso wie werdende Väter!

Wer Vater werden will und dabei mehr als einfach nur der Ernährer sein möchte, braucht auch die richtigen Rahmenbedingungen. Zum Glück scheint es, als würde sich der aktuelle Trend auch zukünftig fortsetzen, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die angestaubten Rollenbilder nur noch eine ferne Erinnerung sind.

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